Clubhouse: Telefonkonferenzen per App mit dem gewissen Extra

Ein verschriftlichtes Gespräch von Sascha und Johannes, das so auf Clubhouse hätte stattfinden können.

*
Sascha und Johannes (als sie sich noch persönlich sahen)

Sascha: Hi Johannes und allen, die uns heute zuhören! 

Johannes: Schönen guten Tag!

Sascha: Wollen wir zusammen über Clubhouse sprechen? Pro und Contra? Wir müssen uns auch nicht auf zwei Seiten schlagen, sondern jeder könnte ja seine Pros und Contras mal besprechen. Fände ich ’ne gute Sache für unseren Blog. Und wer mag, kann ja die Hand heben und mitkommentieren.

Johannes: (Murmelt: Es heißt unser Blog!) Ja, gerne!

Pro: Alles glänzt so schön neu, schnelle Gespräche, Zufallsbegegnungen, für Audioliebhaber/innen und Podcast-Fans das längst fällige Netzwerk.

Contra: Datenschutz, Exklusivität. Außerdem werden Probleme mit der Moderation berichtet, auch wenn ich das selbst noch nicht erlebt habe.

Fällt dir noch was ein?

Sascha: Na klar, da gibt es eine neue App, alle, die in sozialen Medien was auf sich zählen, sind dabei und dann will man natürlich nicht der Letzte sein, der den Trend verschlafen hat, bevor es überhaupt richtig los ging. Und für zwei Einladungslinks gibt dann fast jeder sein Adressbuch her: Clubhouse, die neue „Datenschutzmassenvernichtungswaffe“ auf dem Weg zur Post-Privacy-Gesellschaft.

Aber fangen wir mal vorne und etwas positiver an: Was ist Clubhouse? Es ist ein soziales Netzwerk auf Basis von Live-Audio. Schon von Podcasts kennen wir den Effekt, dass das Zuhören einen besonders hohen Grad des Vertrauens aufbauen kann. Die Intimität des Zuhörens wird durch den Live-Effekt noch verstärkt. Zuletzt geben wir noch etwas „Fear of missing out“ (FOMO) dazu, indem wir den Zugang zur App künstlich verknappen. Und natürlich muss der Social Graph perfekt sein, indem man die neuen Mitglieder des Netzwerks en passant um Zugang zum Adressbuch bittet. Und so entsteht sofort ein intimes Gefühl des „Ich bin hier zu Hause mit meinen Freunden“. Und man lauscht und spricht ganz offen, manchmal vielleicht auch offener als es gut tut, denn man sieht zwar, wer zuhört, aber man vergisst das schnell.

Johannes: Gerechterweise muss man sagen, dass alle erfolgreichen sozialen Netzwerke so begonnen haben. Netzwerke funktionieren eben nur mit dem Netzwerkeffekt. Und es hilft, wenn schon die Meinungsführer/innen da sind, dann will man auch unbedingt.

Sascha: Das fand ich auch krass: Ich melde mich an, bewusst ohne meine Kontakte hochzuladen, und trotzdem sind die Freundesvorschläge in einer nie da gewesenen Qualität. Ich habe mich wirklich erschrocken, wie viel Clubhouse schon aus den Adressbüchern aller anderen über mich und mein persönliches Netzwerk sagen konnte. Und im Endeffekt erklärt das auch die hohe Bewertung der Investoren. Das ist ein Datenstaubsauger, der Facebook verblassen lassen kann.

Profile der Autoren

Zur FOMO: Ich mag Apps nicht, die so Psychotricks einsetzen, um an die Daten zu kommen. Und ich erschrecke, wie wenig es braucht, damit andere auch meine Kontaktdaten Preis geben. Ich stelle mir vor, ich würde Leute auf der Straße nach ihrem Adressbuch bitten. Die würden mir den Vogel zeigen, oder? Aber hier haben schon Millionen Menschen Adressen und Kontaktdaten verschenkt, um weitere Leute einladen zu können. Lustigerweise kann man genau sehen, wer wen eingeladen hat und kann so die Kette bis an den Anfang nachverfolgen. Meine Skepsis, du merkst es, ist extrem hoch. Aber wir müssen wohl jedem Social Network wenigstens eine Chance geben. Was sind denn so deine Eindrücke und Erfahrungen?

Johannes: Ich bin, so ist unsere Rollenverteilung, viel unkritischer und begeisterter. Clubhouse ist das erste Netzwerk seit Jahren, das realistische Chancen hat, über den Hype hinaus bestehen zu bleiben. Einfach, weil es etwas ganz anderes macht als die Netzwerke davor, nämlich audio only. Und sich auch genau darauf konzentriert und nicht noch irgendwelche Story-Funktionen, ja nicht einmal einen Textchat einbaut. (Jedenfalls bis heute.)

Dem Einladungssystem muss man auch etwas zugutehalten. Wenn eine/r der von mir eingeladenen Personen Mist baut, muss auch ich dafür geradestehen, fliege also im schlimmsten Fall auch raus. Das schafft ein wenig Trollhygiene, ohne dass die Betreiber zu viel eingreifen müssen.

Und last but not least kommt Clubhouse genau zum richtigen Zeitpunkt. Wir sind alle ausgehungert, was soziale Kontakte angeht. Hier kann ich endlich mal wieder Gespräche führen, auch mit bisher völlig fremden Menschen, es ist ein großes Vergnügen.

Sascha: Ja, ich muss zugeben, das spontane Miteinander-sprechen-Können, dann stößt noch hier und da einer dazu, das ist fast so niederschwellig wie Gespräche am Stehtisch bei einer Konferenz. Es ist leicht und locker, informativ und man fühlt sich auch gut dabei. Und das Wichtigste: Es füllt eine Lücke. Audio-Content via Podcast zu veröffentlichen ist so viel schwieriger. An Live-Audio erstmal gar nicht zu denken, was man da alles an Technik und Co. besorgen müsste. Und bei Clubhouse: Mikro am Handy an, los geht’s. Ich hab so den leisen Verdacht, dass es bewusst keine Android-App gibt; weil da die Mikros vermutlich teilweise grässlich klingen würden, was einem die ganze Laune verdirbt. Mal gucken, wie sie das lösen.

Johannes: Ob Absicht oder nicht, mit der Beschränkung auf iPhones hat man sich natürlich schon eine gewisse besser situierte, gut vernetzte und meinungsstarke Community gesichert. Ewig wird sich das Clubhouse aber nicht mehr leisten können. Und wenn erst einmal alle rein können und es vielleicht auch kein Ich-hafte-für-andere-Einladungssystem mehr gibt, dann können die Moderationsarbeiten schnell schwierig werden. Ich bin jedenfalls gespannt, was in den nächsten Wochen und Monaten noch passiert. Und du?

Sascha: Ich war ja kritisch, bevor ich die App überhaupt eingerichtet hatte. Und schon nach meiner ersten Gesprächsrunde im Clubhouse muss ich sagen: Ich befürchte, das geht nicht mehr weg, das funktioniert einfach zu gut und ist einfach ein Volltreffer nach persönlichen Gesprächen in einer Zeit der Distanz. Die anderen Netzwerke, vor allem Facebook, werden jetzt sicherlich schon Pläne schmieden, die Audio-Features in ihren Netzwerken einzubauen (Twitter hat schon angefangen), bis dann wirklich jede App Audio-Konferenzen kann. Und ich ärgere mich, dass die kleinen Unternehmen so viel Arbeit haben, den Datenschutz zu gewährleisten, während rechts und links die großen Datenstaubsauger aus USA und Asien über die Smartphones Europas herfallen und (bisher) nicht wirklich was passiert. Aber das ist ein Thema für eine andere Clubhouse-Runde!

Johannes: Sehe ich auch so. Hey, wir sollten uns öfter mal über Social Media unterhalten!

Sascha: Und an der Stelle öffnen wir gerne die Runde! Wie sind Eure Erfahrungen mit Clubhouse? Stört Euch, dass Eure Adressdaten hochgeladen werden? Und welche Clubs könnt ihr empfehlen? Schaltet Euch jetzt rein per Handzeichen! ✋

Titelbild: Scott Webb

Vorheriger Beitrag
Onboarding mit Inga im digitalen Event- und Office-Management
Nächster Beitrag
Neu im Team Bonn.digital: Johanna Nolte

Schreibe den ersten Kommentar auf Bonn.Community

Ein Beitrag von

Bonn.digital GbR

Endenicher Str. 51
53115 Bonn

Über uns

Wir helfen Unternehmen und Institutionen, Social Media zielgerichtet und sinnvoll einzusetzen. Wir sind Experten in digitaler Kommunikation. Wir vernetzen die digitale Szene Bonns durch Plattformen und Veranstaltungen.

Teilen

Unsere Newsletter

Aktuelle Artikel