Die Entscheidung gegen Cloud-Dienste aus den USA oder dem nicht-europäischen Ausland fällt den meisten schwer. Zu verlockend sind die bequemen und ausgereiften Dienste von Google, Apple, Microsoft und Amazon, aber auch die kleineren Dienste wie Trello, PayPal und Slack. Alternativlos sind sie nicht, aber aus eigener Erfahrung können wir sagen, dass es anstrengend sein kann, europäische Alternativen zu suchen und zu finden, wenn die US-Tools für alle anderen zum Standard gehören. Noch anstrengender (aber auch in Hinblick auf die digitale Souveränität lohnenswerter) ist es, eine eigene Open-Source-Infrastruktur mit lokalem Hosting aufzubauen. Auf der Positiv-Seite macht es uns resilient, wenn wieder festgestellt wird, welche US-Dienste doch nicht DSGVO-konform sind, obschon alle sie nutzen (und auf der Website 100% DSGVO-Konformität versprochen wurde, natürlich kein halber Prozentpunkt weniger).
Digitale Souveränität geht Hand in Hand mit Datenschutz
Der Datenschutz ist dabei ein wesentlicher Aspekt. Man kann die DSGVO als eines der größten digitalen Wirtschaftsförderungsprogramme betrachten, würden die europäischen Unternehmen nicht nur über die Last der Verordnung stöhnen, sondern häufiger selbst hosten oder europäische Tools und Ideen nutzen und finanzieren. Kunden, die nach datenschutzfreundlichen Alternativen suchen, gibt es immer mehr. Schritt für Schritt – wenn weitere Urteile gesprochen werden und Unternehmen empfindliche Strafen zahlen müssen – wird hoffentlich bald allen klar sein, dass Datenschutz vor allem auch Schutz der Persönlichkeits- und Menschenrechte ist und dieser Wert ein höheres Gewicht hat als „ich möchte eine bequeme, günstige und schnelle Lösung, die doch alle nutzen“, wenn sie nicht den Datenschutz mit europäischem Standard gewährleistet. Coole Tools MIT Datenschutz gibt es viele, aber viele konnten bisher im internationalen Wettbewerb nicht mithalten, wenn andere Marktteilnehmer sich nicht um Datenschutz kümmern mussten oder gar das Datensammeln zum Geschäftsmodell gemacht haben.
Datenschutz und Social Media: Geht das zusammen?
Wie gehen wir als Social-Media-Agentur mit dem Thema um? Für uns ist es auf der einen Seite fast unmöglich auf US-Dienste zu verzichten, trotzdem stellen wir uns breit auf, vom Metaverse bis zum Fediverse, um auch hier Alternativen zu stärken, die wir selbst inzwischen lieber nutzen, weil sie uns zur ursprünglichen Idee hinter Social Media bringen: sich mit Menschen vernetzen und Informationen teilen.
Der Konzern Meta (ehemals Facebook) mit seinen Aufkäufen Instagram, WhatsApp und Oculus sammelt weiterhin Daten, wo er kann und nutzt sie für seine Werbekunden. Er hilft seinen Werbekunden, auf Basis der gesammelten Daten zielgenau zu treffen, und ist einfach das größte und wichtigste digitale soziale Netzwerk der Welt. Fast drei Milliarden Menschen weltweit nutzen Facebook und schenken dem Konzern unfassbare Datenmengen, denn nur damit finanzieren sie den ansonsten „kostenlosen“ Dienst. Selbst die, die die Plattform eigentlich ablehnen, haben oft einen Fake-Account oder gucken sporadisch rein. Wenn sie keinen Login haben, ist es wahrscheinlich, dass sie über das Adressbuch eines Bekannten auch Facebook „bekannt“ sind.
Auch über Facebook hinaus wurde die Social-Media-Welt bisher von den USA bestimmt. Dich China will sich beim Datensammeln nicht abhängen lassen und hat mit TikTok einen der besten Algorithmen der Welt geschaffen, um relevanten Content für die Zielgruppen zu finden und die Aufenthaltsdauer in dem Netzwerk zu vervielfachen – zur Freude der Werbungschaltenden und vermutlich auch der Staatslenker. Es wird nicht nur den Europäern immer klarer, dass unregulierte Datensammlung durch andere Staaten zur Gefahr für die Demokratie werden kann.
Als Social-Media-Agentur müssen wir für unsere Kunden dorthin gehen, wo die Menschen sind, die unsere Kunden erreichen wollen. Und doch wollen wir Alternativen bereit stellen und fördern, wie zum Beispiel Mastodon auf unserem Bonn.social-Server, einer sogenannten Twitter-Alternative mit lokaler Community und globaler Anbindung, weil gerade wir uns bewusst sein, welche Chancen, aber auch Gefahren Social Media haben kann.
Mehr digitale Souveränität mit Open-Source-Software?
Wir müssen über den bequemen Tellerrand hinaus denken – für unser Team, für unsere Kunden, für unsere Kinder. Denn in welcher Zukunft wollen wir leben? Akzeptieren wir eine Welt „post privacy“, in der Persönlichkeitsrechte im digitalen Raum nicht existent sind und monopolistische Unternehmen und Staaten von der Datensammlung in den sozialen Netzwerken profitieren? In der einzelne reiche Personen die Daten von vielen Millionen Nutzer*innen aufkaufen können und dann willkürlich darüber entscheiden?
Was tun wir, um unsere Daten und die unserer Kunden zu schützen? Bonn.digital nutzt mit diesem Hintergrund, wo es eben möglich ist, Open-Source-Software. Das ist Software, deren Quellen im Netz stehen, die von vielen Augen entwickelt und von vielen anderen mitgenutzt werden. Die Daten bleiben bei dieser Software auf unseren eigenen Servern. Wir haben die Möglichkeit, Fehler zu entdecken und können, wenn etwas nicht stimmt, in die eigenen Logfiles schauen. Open-Source-Software ist nicht per se sicherer, aber wir behalten die Kontrolle und geben die Verantwortung nicht komplett ab. Zur Kontrolle über die Daten gehört die Verantwortung über die Daten dazu: Die Verantwortung, alles sicher zu konfigurieren, die Updates einzuspielen, für funktionierende Backups zu sorgen. Es ist ein sehr hoher Aufwand, aber wir wissen auch, dass wir damit auf dem richtigen Weg sind, wenn die DSGVO in immer weiteren Urteilen und Bussgeldern Wirkung zeigt .
Schaut euch gerne mal um und lasst euch von unserer Startseite inspirieren, die zu ganz vielen spannenden Open-Source-Tools führt, die wir für unsere Kund*innen, unsere Community und natürlich für uns selbst betreiben: https://start.bonn.digital. Und falls ihr eine Sicherheitslücke findet, dann lasst es uns gerne wissen, damit wir sie für alle beheben können.
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