Barcamps leben vom Austausch und der Selbstorganisation ihrer Teilnehmer*innen. Eine zentrale Herausforderung ist jedoch oft die nachhaltige Sicherung der Erkenntnisse und Ergebnisse, die in den Sessions entstehen. Traditionell liegt die Verantwortung der Dokumentation bei den Teilnehmenden selbst. Doch aus unserer Erfahrung wissen wir, dass man als Veranstalter*in gezielt nachhelfen kann, um die Erkenntnisse nicht im (digitalen) Nirwana verschwinden zu lassen.
Wir stellen verschiedene Ansätze vor, aufsteigend geordnet nach Komplexität und dem Grad der Ergebnissicherung:
1. Kommunikation eines Hashtags und Aufruf zur Social-Media-Begleitung
Dies ist der puristischste Ansatz und entspricht dem ursprünglichen Barcamp-Gedanken der Selbstorganisation.
- Vorteile: Minimaler Organisationsaufwand für Veranstaltende. Der Spirit des Barcamps, bei dem sich die Teilnehmer*innen selbst organisieren, bleibt vollständig erhalten.
- Nachteile: Die Ergebnissicherung ist hier am wenigsten zuverlässig. Nicht alle Teilnehmenden sind aktiv in sozialen Medien unterwegs. Die Dokumentation verteilt sich auf viele Kanäle und Plattformen, was das Zusammenfassen erschwert. Zudem sind Beiträge auf manchen Plattformen (z.B. in Instagram Stories) nicht öffentlich zugänglich oder verschwinden nach kurzer Zeit. Die Zeiten, in denen eine einfache Twitter-Wall ausreichte, sind vorbei.
2. Freiwillige Dokumentation durch Session-Teilnehmende
Bei dieser Art der Dokumentation wird allgemein dazu aufgerufen, während der Session ein Protokoll zu führen.
- Vorteile: Geringer Organisationsaufwand. Es sollte jedoch ein zentraler Ort (z.B. ein Etherpad, Google-Doc) oder eine E-Mail-Adresse für die Einreichung der Protokolle definiert werden.
- Nachteile: Die Dokumentation ist weiterhin unzuverlässig. Oft fühlt sich bei unklaren Zuständigkeiten niemand verantwortlich. Schlimmer noch: Session-Gebende könnten sich unter Druck gesetzt fühlen, was die Qualität ihrer Session beeinträchtigen oder sogar verhindern kann, dass sie überhaupt Sessions anbieten. Die Dokumentationsarten und -formen sind zudem sehr heterogen.

3. Freiwillige Dokumentation mit Vorlagen
Für jede Session wird eine Vorlage (digital, auf Papier, Flipchart) bereitgestellt, die die Art der Dokumentation vordefiniert (z.B. Titel, Session-Gebende*r, Stichpunkte, Key Facts).
- Vorteile: Einheitlichere Protokolle und eine höhere Verbindlichkeit. Teilnehmende können sich ermutigt fühlen, weil klar wird, was von einem Protokoll erwartet wird.
- Nachteile: Es muss immer noch eine*n Protokollant*in gefunden werden, was die Nachteile von Punkt 2 mit sich bringt. Trotz aller Vorgaben variiert die Qualität der Ergebnisse. Unsere Erfahrung zeigt, dass mit dieser Lösung nicht mehr als etwa die Hälfte der Sessions tatsächlich festgehalten wird.
4. Graphic Recording
Sessions werden von professionellen Graphic Recorder*innen zeichnerisch begleitet.
- Vorteile: Veranstaltende können genau definieren, welche Sessions und in welcher Form aufgezeichnet werden sollen (ausgewählte Sessions, ein bestimmter Track, Auszüge aus allen Sessions oder basierend auf Protokollen). Die Aufzeichnungsqualität ist sehr einheitlich, da meist nur eine Person beteiligt ist.
- Nachteile: Ein Graphic Recorder kann nicht jede Session dokumentieren – es sei denn, man beauftragt mehrere Personen. Zudem fehlt es gerade bei fachlichen Diskussionen oft am Hintergrundwissen, sodass die Protokolle eher oberflächlich bleiben. Graphic Recordings geben naturgemäß eher Themen und Stimmungen visuell wieder. Zudem muss man das Budget dafür einplanen (voraussichtlich im unteren bis mittleren vierstelligen Bereich).

5. Dokumentation durch Protokollant*innen
In jedem Sessionraum sitzt eine*n fest zugeordnete*r Protokollant*in. Idealerweise protokolliert diese in einem Etherpad oder einem ähnlichen Online-Tool, sodass die Ergebnisse live, zentral und sicher verfügbar sind (stabiles Internet vorausgesetzt).
- Vorteile: Dies bietet die größtmögliche Zuverlässigkeit und Vollständigkeit der Protokolle. Eine hohe Einheitlichkeit ist bei entsprechender Schulung und bestenfalls einer Protokollvorlage (siehe Punkt 3) gewährleistet. Die Teilnehmer*innen können sich voll auf die Inhalte konzentrieren. Die Protokolle können live oder im Anschluss allen Teilnehmenden zur Verfügung gestellt werden.
- Nachteile: Dieser Ansatz ist mit einem höheren Aufwand an Personal und Vorbereitung, gegebenenfalls auch Nachbereitung, verbunden. Wenn man externe Protokollierende beauftragt, fallen zusätzliche Kosten an.

6. Aufzeichnung der Sessions per Audio und/oder Video
Jede Session wird aufgezeichnet.
- Vorteile: Eine originalgetreue Abbildung des Gesprochenen. Mit entsprechenden Tools können die Aufzeichnungen auch transkribiert werden.
- Nachteile: Sehr aufwändig in Bezug auf Kosten und Personal. Es entstehen große Datenmengen, die bearbeitet werden müssen. Zudem mögen Teilnehmer*innen solche Aufzeichnungen erfahrungsgemäß nicht, da die intime Atmosphäre eines Barcamps massiv leiden kann und Sessions aus Angst vor zu großer Öffentlichkeit, insbesondere bei heiklen Themen, möglicherweise nicht angeboten werden.
Unser Fazit
Aus unserer reichhaltigen Barcamp-Erfahrung sehen wir die besten Ergebnisse und das optimale Verhältnis zwischen Aufwand und Ertrag bei der Protokollierung durch feste Protokollant*innen (Punkt 5). Wenn das Budget es zulässt, empfehlen wir gerne auch ein zusätzliches Graphic Recording, da dies das Barcamp noch einmal auf eine andere, visuelle Weise einfängt und bleibende Erinnerungen schafft.