Wie wir das größte Schulbarcamp aller Zeiten gerockt haben

Kann ein Schulbarcamp mit 400 Schülerinnen und Schülern funktionieren? Die Strukturen „Barcamp“ und „Schule“ könnten kaum gegensätzlicher sein. Barcamps, die agilen Unkonferenzen, auf der einen Seite basieren auf Freiwilligkeit und die Inhalte werden durch die Teilgebenden beigetragen. Auf der anderen Seite ist die Schule: eine strukturierte Organisation, mit klarer Rollenverteilung zwischen Lehrenden und Lernenden und festen Stundenplänen. Wie wir diese beiden Welten vereint haben und worauf zu achten ist, zeigen wir in diesem Blogartikel.

Einstimmung aufs Schulbarcamp

400 Jugendliche und 50 Lehrkräfte an der Realschule plus in Mayen hatten vorher noch nie von Barcamps gehört. Im Vorfeld haben wir auf die Zielgruppe abgestimmte Videos an Schüler*innen und Lehrkräfte geschickt, in denen das Format und der Ablauf erklärt und ihnen Lust auf einen digitalen Tag gemacht wurde. Mit den Videos gab es auch den Link zum Tool Pretalx, über das vorab schon Sessions digital eingereicht werden konnten. Zudem bekamen Schüler- und Lehrerschaft auch schon einen Vorgeschmack auf die Sessions, die andere angeboten haben.

Interaction is the key

Beim klassischen Barcamp gibt es eine Vorstellungsrunde, bei der sich jede*r mit drei Stichworten vorstellt. Mit 400 ungeduldigen Jugendlichen nicht durchführbar. Stattdessen haben wir in der Turnhalle, wo die Begrüßung und Sessionplanung stattfanden, ein Warm-up gemacht. Auf drei haben die Schüler*innen gleichzeitig erst ihren Namen, dann die Klasse und ein Thema, das sie heute interessiert, reingerufen. Die Kinder waren lauthals dabei und das Eis war gebrochen. Um die Teilnehmenden weiter zu aktivieren und auf die Sessionplanung und den vorzubereiten, stellten wir mehrere Fragen z. B. „Wer mag Pizza?“. Alle, auf die das zutraf, standen auf.

Sessionplanung beim Schulbarcamp: so niedrigschwellig wie möglich

Die größte Herausforderung war es, vor dieser Menschenmasse ein Session-Thema vorzustellen. Selbst Sascha Foerster als Moderator war aufgeregt. Wie geht es dann erst den Kindern, wenn sie vor ihre Peers treten? Wir haben aus den Erfahrungen, die wir mit den FutureCamps für Kinder und Jugendliche gemacht haben, im Vorfeld externe Workshopleiter*innen mit verschiedensten digitalen Themen fest eingeplant. Auch die Lehrer*innen haben Angebote gemacht und durften sich gleichermaßen an allen Sessions beteiligen. Begeistert hat uns, dass acht Gruppen aus der Schülerschaft Sessions angeboten haben, auch wenn man ihnen ansah, dass sie aufgeregt waren.

Wir hätten uns natürlich noch mehr Programmpunkte von den Jugendlichen gewünscht. Aber die Größe der Gruppe hemmt natürlich einige. Wir haben einiges ausprobiert, um es den Schüler*innen leichter zu machen: Neben der Vorfeldkommunikation hatte Sascha Foerster in der Moderation darauf hingewiesen, dass alle Themen willkommen sind und jede*r mit Respekt behandelt werden soll. Außerdem konnten Sessions in Gruppen angeboten werden – zusammen traut man sich schon eher. Wenn Schüler*innen doch zu schüchtern waren, stellte Sascha für sie das Thema vor und nannte die Namen. Auch die Einreichung der Session im Vorfeld per Video wäre möglich gewesen.

Digitaler Sessionplan

Moderator vor TV-Screen
Vorstellung des digitalen Sessionplans des Schulbarcamps durch Sascha Foerster

Die vorgestellten Sessions haben wir in einen digitalen Plan eingetragen. Bei über 30 Klassenräumen und ca. 50 Sessions wäre es sonst schnell unübersichtlich mit den üblichen Klebezetteln auf Stellwänden geworden. Das ganze Programm kann man sich hier noch mal ansehen: https://event.bonn.digital/myk10/schedule/
Praktischerweise haben alle Schüler*innen der Realschule Schul-Tablets, es gibt in jedem Klassenzimmer große Bildschirme und überall W-LAN. So konnten alle jederzeit auf das Programm zugreifen und sich ihren Stundenplan selbst zusammenstellen.

Chill-Areas für die Pausen

So spannend die Sessions waren: Pausen sind auch wichtig! Dafür haben wir in der Aula einen offenen Treffpunkt eingerichtet. Dort gab es einen großen Fernseher mit dem Programmplan, Papphocker zum Ausruhen, einen Kiosk, der an diesem Tag alle kostenlos mit Snacks versorgt hat, und das Highlight: eine Candybar.
Unser Learning: Die Candybar sollte doch überwacht werden, damit sich nicht manche Schüler die Taschen vollmachen und für andere nichts mehr übrig bleibt.

Vielfältige Themen beim Schulbarcamp

Nach der Sessionplanung begann die Arbeit der Workshopleitenden. Beim Blick in die Klassenzimmer sahen wir, wie überall entdeckt, ausprobiert, diskutiert und gelernt wurde. Die Session zu IT-Sicherheit war gerade für die Lehrer*innen sehr interessant, die feststellten, wie leicht sie gehackt werden können. Beim 3D-Drucken und Löten konnten die Kinder kreativ werden. Die Schule denkt sogar darüber nach, dauerhaft einen 3D-Drucker anzuschaffen. Die Session von unserem Influencer Arafat Alves war völlig überfüllt: Die Jugendlichen machten Selfies mit ihm und fragten ihn zum Leben als Influencer aus. Die Schüler*innen nahmen selbst Podcasts auf und öffneten sich bei der Diskussionrunde zum Thema “Scheitern”. In der Virtual Reality-Session lernten sie, wie man Spiele programmiert oder Musik mit der VR-Brille komponiert.

Großes Interesse bestand auch an den Sessions der Schüler*innen selbst zu Themen wie Mangas zeichnen, Musik oder Fußball. Beim Barcamp soll jedes Thema willkommen sein, auch wenn der Schwerpunkt auf Digitalisierung liegt. Es gab so viele tolle und spannende Themen, dass das altbekannte Barcamp-Gefühl entstand: „Ich verpasse gerade so viel, weil ich nicht in mehrere Sessions gleichzeitig gehen kann“. Und klar: Es gab auch die, die nach der Mittagspause Bauch und Kopf voll hatten und ein bis zwei Sessions auf dem Schulhof verbrachten.

Digitales Feedback

Kreative Ergebnisse in den Sessions

Die Feedback-Runde haben wir in digitaler Form auf den Folgetag verschoben. In der Mittagspause am Pizza-Wagen bekamen wir schon ein Gefühl dafür, welche Sessions besucht wurden und welche gut ankamen. Das Gefühl deckte sich mit den Ergebnissen der Umfrage: Die meisten Kinder waren zufrieden bis sehr begeistert, so viele neue Eindrücke aus der Digitalisierung an einem Tag zu bekommen. Auch den Lehrkräften hat dieser Tag einige neue Ideen gebracht und selbstverständlich haben auch wir sehr viel darüber gelernt, wie man ein Barcamp in eine Schule bringt.

Ihr braucht auch Unterstützung bei der Organisation, Durchführung und Moderation eines (Schul-)Barcamps? Dann meldet euch bei uns! Wir würden uns freuen, wenn das Barcamp bald wieder Schule machen darf, und danken allen Beteiligten für die gute Zusammenarbeit:

  • dem Team der Initiative “Smart Region MYK10” der Kreisverwaltung Mayen-Koblenz rund um Sonja Gröntgen, die das Schulbarcamp als Digitalisierungsmaßnahme finanziert haben,
  • der Albert-Schweitzer-Realschule plus in Mayen mit ihrem engagierten Kollegium und der Schulleitung um Karin Butter und Marco Bastiaansen, die uns bei der Planung unterstützt und dem „Abenteuer Barcamp“ zugestimmt haben,
  • unseren tollen und mitreißenden Workshopleitenden, die die Schülerschaft für ihre Themen begeistert haben,
  • den Schülerinnen und Schülern, die sich auf das neue Lernformat eingelassen und begeistert mitgemacht haben.

Und an alle Jugendlichen, die jetzt Barcamp-Luft schnuppern wollen: Meldet euch an zum FutureCamp am 21.10.2023 im Haus der Jugend oder kommt zur digitalen Projektwoche ins Jugendzentrum St. Cassius.

Das Schulbarcamp in den Medien

Blick aktuell

Pressemeldung der Hochschule Koblenz

Pressemeldung der Albert-Schweitzer-Realschule plus Mayen

Pressemitteilung „Smarte Region MYK10“: Die Zukunft ist digital! Erfolgreiches BarCamp für Jugendliche an der Albert-Schweitzer Realschule Plus in Mayen

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